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Die Nachfrage
1.2.2 Das Marktgleichgewicht
Komparative Statik

Nachdem im Verband der Dingerindustrie Angebots- und Nachfragefunktion ermittelt wurden, interessiert man sich nun natürlich für die Ergebnisse, die sich durch das Zusammenspiel von Angebot und Nachfrage ergeben. Das nehmen wir wörtlich und "spielen" Angebots- und Nachfragefunktion in einem einzelnen Diagramm "zusammen".

Abbildung 1
Zusammenführung von Angebots- und Nachfragefunktion im Marktdiagramm

Wie bereits erwähnt, hatte man im Verband beobachtet, dass der Dingerpreis in letzter Zeit bei 6,00 € lag. Gehen wir davon aus, dass alle Wirtschaftssubjekte mit diesem Preis planen und lesen aus dem Diagramm die geplanten Angebots- und Nachfragemengen ab, so können wir feststellen, dass die Anbieter zu diesem Preis etwa 165 tausend Dinger anzubieten wünschen und die Nachfrager eben diese Menge auch nachfragen möchten.

Dieses Ergebnis lesen wir aus dem Diagramm mit "der Methode des scharfen Hinsehens" ab. Ob der Schnittpunkt exakt bei 165.000 Stück liegt, können wir so natürlich nicht feststellen.

Da geplantes Angebot und geplante Nachfrage bei einem Preis von 6,00 € übereinstimmen, ist die Situation gleichgewichtig. Es wurde bereits angesprochen, dass immer dann von einem Gleichgewicht gesprochen wird, wenn die Wirtschaftssubjekte ihre Pläne in die Tat umsetzen können. Das ist hier der Fall. Alle Anbieter, die beim Dingerpreis von 6,00 € produzieren wollen, können ihre Produktion auch absetzen. Umgekehrt können alle Nachfrager, die bereit sind, für Dinger 6,00 € oder mehr zu bezahlen, auch ein Ding kaufen. Nachfrager, die Dinger nur zu geringeren Preisen erwerben möchten, werden in ihren Erwartungen nicht enttäuscht. Wenn sie mit einem Preis von 6,00 € rechnen, planen sie nicht, Dinger zu kaufen.

Abbildung 2
Wenn Anbieter und Nachfrager mit einem Preis von 6 € planen, stimmen das gewünschte Angebot und die gewünschte Nachfrage mit etwa 165.000 Stück überein.

Ob sich am Markt ein Preis von 6,00 € einstellen wird, können wir hier allerdings noch gar nicht sagen. Warum sollten die unabhängig voneinander agierenden vielen Anbieter und Nachfrager alle mit Preisen von 6,00 € planen? Diese Frage stellen wir zunächst zurück. Im Moment wollen wir uns mit einer "Was-wäre-wenn-Analyse" begnügen: Was wäre, wenn der Preis eine Höhe von x € hätte?

Wenn der Preis eine Höhe von 6,00 € hätte, wäre der Markt "geräumt", da das Angebot der Nachfrage entspräche. Das Marktgleichgewicht wird daher auch als Markträumung bezeichnet. Der zugehörige Preis heißt Gleichgewichtspreis, die Menge Gleichgewichtsmenge. Da die Pläne der Wirtschaftssubjekte aufgehen, werden niemandes Erwartungen enttäuscht. Und das Gleichgewicht hat noch zwei weitere "schöne" Eigenheiten. Eine haben wir eben schon explizit erwähnt: Es kommen jene Nachfrager zum Zuge, die die höchste Zahlungsbereitschaft besitzen. Diejenigen, denen das Produkt am meisten wert ist, bekommen es auch.

Zum Nachdenken

Halt! Stimmt das wirklich? Bekommen es nicht eher diejenigen, die ein besonders hohes Einkommen haben oder über ein hohes Vermögen verfügen und deswegen hohe Preise zu zahlen bereit sind?

Das ist so. Aber trotzdem kann die Behauptung aufrecht erhalten werden. Gehen Sie von zwei äußerlich vollkommen identischen Familien aus. Familien mit gleichem Einkommen, gleichem Vermögen, gleichen Berufen ..., aber unterschiedlichen Präferenzen. Wenn nur eine der beiden Familien bereit ist, für ein Ding mehr als 6,00 € auszugeben, wird auch nur diese es erhalten. Unter sonst gleichen Umständen - ceteris paribus - sorgt der Markt also dafür, dass jene Nachfrager die Güter erhalten, die mit ihrer Zahlungsbereitschaft den dringlichsten Bedarf signalisieren.

Die zweite "schöne" Eigenschaft ist darin zu sehen, dass das Produkt in den Unternehmen mit den günstigsten (Stück-)Kosten hergestellt wird. Nur die Dinger-Produzenten, deren Stückkosten bei 6,00 € oder darunter liegen, kommen zum Zuge. Aber was ist daran "schön"? Dazu müssen wir kurz überlegen, was die Kosten anzeigen. Höhere Kosten hat im Allgemeinen derjenige, der mehr Material verbraucht und mehr Arbeit einsetzen muss, um ein Ding herzustellen. Wenn nun diejenigen mit den geringsten Kosten zum Zuge kommen, heißt das im Umkehrschluss, dass Dinger in den Unternehmen hergestellt werden, die den geringsten Ressourcenverbrauch haben. Auch das gilt natürlich wiederum nur ceteris paribus. So kann ein Unternehmen z. B. deswegen geringe Stückkosten haben, weil es seine Abfälle nicht umweltgerecht entsorgt (sondern einfach in die Umwelt kippt). Oder ein Unternehmen hat deswegen geringe Stückkosten, weil illegale Arbeitskräfte beschäftigt und keine Sozialabgaben gezahlt werden. Der Markt lässt auch diese Unternehmen zum Zuge kommen, denn die Konsumenten können den Produkten i. d. R. nicht ansehen, ob sich die Hersteller an geltendes Recht oder ethische Grundsätze gehalten haben.

Kennen Sie Produkte, bei denen der Hersteller darauf aufmerksam macht, dass er bei der Produktion gesetzliche Bestimmungen und/oder ethische Normen einhält?

Wenn wir die beiden Eigenschaften des Marktgleichgewichts zusammen betrachten, erhalten wir noch eine dritte "schöne" Eigenschaft. Für jedes einzelne produzierte Ding finden wir ein Wirtschaftssubjekt, dem dieses Ding wenigstens die Herstellungskosten wert ist. Umgekehrt: Es wird kein Ding produziert, das mehr kostet, als jemand bereit wäre, dafür zu zahlen. Das können wir dahingehend interpretieren, dass nichts Sinnloses produziert wird.

Stellen wir noch einmal die Frage "Was wäre wenn". Was wäre, wenn die Wirtschaftssubjekte mit einem Preis von 7,00 € rechnen würden? Die folgende Abbildung gibt sofort Aufschluss:

Abbildung 3
Planen die Wirtschaftssubjekte mit einem Preis von 7 €, kommt es zu einem Angebotsüberschuss.

Aufgrund des höher erwarteten Preises wird die Produktion für weitere Anbieter attraktiv. Es handelt sich um jene, deren Stückkosten zwischen 6,00 und 7,00 € liegen. Wie man aus der Grafik ablesen kann, planen die Anbieter etwa 235 tausend Stück herzustellen.

Auf der anderen Marktseite scheiden allerdings Nachfrager aus, und zwar all jene, deren Zahlungsbereitschaft zwischen 6,00 und 7,00 € liegt. Dadurch geht die gesamte Nachfrage auf ca. 100 tausend Stück zurück.

Kennen Sie Güter, die Herstellungskosten haben, die der typische Nachfrager nicht zu zahlen bereit wäre?

Wird nicht doch viel Sinnloses produziert? Wer soll, kann und darf entscheiden, was sinnvoll ist und was nicht?

Die Pläne von Anbietern und Nachfragern sind nun nicht mehr miteinander kompatibel. Beim Preis von 7,00 € würden 135 (= 235 - 100) tausend Dinger mehr angeboten als nachgefragt. Käme es tatsächlich dazu, würden Anbieter auf ihrer Produktion sitzen bleiben. In ihren ursprünglichen Absatzerwartungen sähen sie sich enttäuscht.

Wir können nur Plausibilitätsüberlegungen anstellen, was sich in der Folge ereignen würde. Verschiedene Szenarien sind denkbar:

Mit unserem Modell können wir nicht vorhersagen, was passieren wird. Das kann es in seiner einfachen Struktur (statisches Modell) nicht leisten und zu diesem Zweck ist es auch nicht konstruiert. Wir können nur feststellen, dass es bei diesem hohen Preis zu einem Angebotsüberschuss käme. Wie die Plausibilitätsüberlegungen andeuten, scheint diese Situation aber recht instabil. Es würden nun 135 tausend Dinger zu Kosten hergestellt, die so hoch sind, dass sich kein Käufer findet. Aus einer gesellschaftlichen Perspektive betrachtet, ist leicht einzusehen, dass das nicht optimal sein kann. Wenn ein Ding in der Herstellung 7,00 € kostet, aber sich kein Wirtschaftssubjekt findet, dem das Ding auch 7,00 € wert ist, dann sollte man doch auf die Produktion besser verzichten.

Was wäre, wenn die Wirtschaftssubjekte mit einem Preis von 5,00 € rechnen würden? Dann käme es offenbar zu einem Nachfrageüberschuss, was man aus dem Marktdiagramm vollkommen analog zur eben betrachteten Situation des Angebotsüberschusses ablesen kann. Diese Situation wäre dadurch gekennzeichnet, dass Dinger auch noch zu deutlich höheren Preisen auf Nachfrage treffen würden. Zum Preis von 5,00 € werden ca. 90 tausend Dinger angeboten. Diese Menge würde selbst dann nachgefragt, wenn der Preis bei ca. 7,20 € läge (rote Pfeile).

Abbildung 4
Planen die Wirtschaftssubjekte mit einem Preis von 5 €, kommt es zu einem Nachfrageüberhang. Das Angebot von etwa 90.000 Stück könnte zu einem Preis von ca. 7,20 € abgesetzt werden.

Wiederum aus der gesellschaftlichen Perspektive betrachtet, stellen wir Folgendes fest: Würden wir die Dingerproduktion bei Stückkosten von 5,00 € etwas ausdehnen, dann fänden wir Nachfrager, die sie uns zu einem Preis von 7,20 € abnehmen würden. Wenn wir einen entsprechenden Produzenten und Nachfrager zusammen brächten und als Preis 6,10 € administrativ festlegen würden, dann würde der Anbieter 1,10 € an einem Ding verdienen und der Nachfrager bekäme das Ding um 1,10 € günstiger, als es ihm maximal wert wäre. Niemand anderes hätte dadurch einen Schaden. Da es somit durch unsere Maßnahme nur Gewinner gäbe, kann die Ausgangssituation nicht optimal gewesen sein.

Natürlich können wir wieder analog zur Situation des Angebotsüberschusses Plausibilitätsüberlegungen anstellen, wie sich die Situation verändern würde, wenn Anbieter und Nachfrager tatsächlich mit einem Dingerpreis von 5,00 € kalkulierten. Die Enttäuschten wären diesmal aufseiten der Nachfrager zu finden, denn etliche von ihnen, die gern ein Ding gekauft hätten, stehen vor leeren Regalen. Die Hersteller (Händler) merken, dass sie Dinger auch zu höheren Preisen absetzen könnten. Das werden sie sicherlich tun. Mit dem steigenden Preis wird die Dingerproduktion für weitere Unternehmen lohnend, sodass die Produktionsmenge zunimmt.

Übung

Erklären Sie, wie es zu einem Nachfrageüberschuss kommen kann. An welchen "Erscheinungen" kann man in der Realität Nachfrageüberschüsse erkennen?

Wir können also festhalten, dass Situationen, in denen der Preis vom Gleichgewichtspreis abweicht, aus gesellschaftlicher Perspektive nicht optimal sind. Außerdem zeigen uns Plausbilitätsüberlegungen, dass Angebotsüberschüsse fallende Preise und Nachfrageüberschüsse steigende Preise vermuten lassen.*

Fassen wir noch einmal zusammen:

Der Preismechanismus sorgt für eine Produktion zu minimalen Kosten pro Stück.
Der Preismechanismus lenkt die Güter zu den Konsumenten mit der höchsten Zahlungsbereitschaft.
Für jede produzierte Einheit findet sich ein Käufer, der mindestens bereit ist, einen Preis in Höhe der Stückkosten zu zahlen.
Alle drei Ergebnisse gelten nur unter den getroffenen - restriktiven - Annahmen, m.a.W., in einer "idealen" Welt.

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Das Marktdiagramm

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